BR-KLASSIK
6 November 2014
Franz Lehár & Arnold Schönberg
Von Patriotismus durchdrungen stimmten auch viele Komponisten 1914 in die Kriegeshymnen ein. Was von ihren frohen Tönen im Stahlgewitter übrigblieb? BR-KLASSIK stellt "Komponisten im Krieg" vor.
(Bernhard Neuhoff)
Auf den ersten Blick gibt es keinen größeren Gegensatz. Franz Lehár ist der erfolgreichste Komponist seiner Zeit, Arnold Schönberg der umstrittenste. Und doch: Sie schätzen einander - aus der Distanz. Und ein paar Dinge haben sie durchaus gemeinsam, der Spross einer österreichisch-ungarischen Soldatenfamilie, und der Enkel einer jüdischen Kantors.
KEIN MILTÄRDIENST FÜR LEHAR, ABER SCHÖNBERG MUSS IN DEN KRIEG
Beide sind glühende Patrioten. Beide lieben den uralten Kaiser Franz Josef. Und beide haben in ihrer Jugend die klassische Musik durch die Spielkultur der k.u.k. Militär-Orchester kennengelernt. Lehár ist Sohn eines Militärkapellmeisters. Der kleine Arnold hört Beethoven und Schubert zum ersten Mal in den kostenlosen Konzerten der Militärkapellen im Wiener Prater. Als der Krieg ausbricht, wird der weltberühmte Komponist Franz Lehár sofort vom Militärdienst freigestellt. Schönberg muss im Februar 1915 einrücken.
"Dass ich beim Militär nicht besonders geschickt war, können Sie sich denken. Dass die Charge, zu der ich es gebracht habe - Gefreiter - nicht einmal meinen militärischen Ehrgeiz befriedigte, ebenfalls. Ich Narr meinte, wenn ich schon beim Militär bin, müßte ich doch wenigstens General sein." (Arnold Schönberg)
SCHÖNBERG FLÜCHTET SICH IN ERZWUNGENE FRÖHLICHKEIT
Karriere beim Militär macht dafür Lehárs Bruder Anton, der es bis zum Generalmajor bringt. Schönberg wird kein General - herrschen kann er allein im Reich seiner Phantasie. In seinem Oratorium "Die Jakobsleiter" flieht er während der Kriegsjahre in mystische Traumwelten. Hier finden sich die ersten Vorboten der 12-Tontechnik.
"Beim Militär wurde ich oft gefragt, ob ich dieser umstrittene Komponist Arnold Schönberg sei. Meine Antwort war: Keiner hats sein wollen, einer hats sein müssen, da hab ich mich halt dazu hergegeben." (Arnold Schönberg)
SKURRILE MARSCHPARODIE
Doch dieser umstrittene Komponist kann auch anders. 1916 komponiert er für einen Kameradschaftsabend seines Regiments eines seiner skurrilsten Werke, eine Marsch-Parodie namens "Die eiserne Brigade". Wer diese Musik hört, ohne zu wissen, wer sie geschrieben hat, käme niemals auf die Idee, dass sie vom Erfinder der 12-Ton-Technik stammt. Die Partitur schenkt der Gefreite Schönberg seinem Oberleutnant.
LEHAR SCHREIBT LIEDER ÜBER DIE TODESANGST
Auch Franz Lehár wird durch den Krieg zu einem Werk angeregt, bei dem man kaum auf seinen Namen tippen würde. Er komponiert einen Liederzyklus mit dem nibelungentreuen Titel: "Aus eiserner Zeit. Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. gewidmet." Lehár hat dieses Lied sicher nicht in pazifistischer Absicht geschrieben. Und doch ist es erstaunlich: Der Avantgardist Schönberg flüchtet vor den Schrecken des Krieges in gezwungene Fröhlichkeit. Der Operettenkomponist Lehár dagegen schreibt Lieder über die Todesangst. Lehars Bruder, der spätere Generalmajor, wird schon 1914 schwer verletzt.
"Meine Besuche bei ihm gehören zu den traurigsten Erinnerungen.Er litt damals so unerträgliche Schmerzen, dass man ihn ins Wasserbett bringen musste." (Franz Lehar)
Unter dem Eindruck dieser Erlebnisse komponiert Lehár eine Tondichtung. Ihr Titel: "Fieber". Geschildert werden die letzten Minuten eines sterbenden Soldaten. Auch das eine erstaunlich offene Darstellung der traurigen Wahrheit über den Krieg. Schönberg hat eines seiner besten Stücke zum Thema schon 1907 geschrieben, ein Werk für achtstimmigen Chor. Es heißt: "Friede auf Erden". Leider ist es anders gekommen.
Fonte:
http://www.br.de/radio/br-klassik/komponisten-erster-weltkrieg-lehar-schoenberg-100.html
Mais:
http://docs.google.com/file/d/0BxwrrqPyqsnIUHRWREg0Zm1RNjA
Arnold Schoenberg
http://www.youtube.com/watch?v=tDiyVJVeNXg
6 November 2014
Franz Lehár & Arnold Schönberg
Von Patriotismus durchdrungen stimmten auch viele Komponisten 1914 in die Kriegeshymnen ein. Was von ihren frohen Tönen im Stahlgewitter übrigblieb? BR-KLASSIK stellt "Komponisten im Krieg" vor.
(Bernhard Neuhoff)
Auf den ersten Blick gibt es keinen größeren Gegensatz. Franz Lehár ist der erfolgreichste Komponist seiner Zeit, Arnold Schönberg der umstrittenste. Und doch: Sie schätzen einander - aus der Distanz. Und ein paar Dinge haben sie durchaus gemeinsam, der Spross einer österreichisch-ungarischen Soldatenfamilie, und der Enkel einer jüdischen Kantors.
KEIN MILTÄRDIENST FÜR LEHAR, ABER SCHÖNBERG MUSS IN DEN KRIEG
Beide sind glühende Patrioten. Beide lieben den uralten Kaiser Franz Josef. Und beide haben in ihrer Jugend die klassische Musik durch die Spielkultur der k.u.k. Militär-Orchester kennengelernt. Lehár ist Sohn eines Militärkapellmeisters. Der kleine Arnold hört Beethoven und Schubert zum ersten Mal in den kostenlosen Konzerten der Militärkapellen im Wiener Prater. Als der Krieg ausbricht, wird der weltberühmte Komponist Franz Lehár sofort vom Militärdienst freigestellt. Schönberg muss im Februar 1915 einrücken.
"Dass ich beim Militär nicht besonders geschickt war, können Sie sich denken. Dass die Charge, zu der ich es gebracht habe - Gefreiter - nicht einmal meinen militärischen Ehrgeiz befriedigte, ebenfalls. Ich Narr meinte, wenn ich schon beim Militär bin, müßte ich doch wenigstens General sein." (Arnold Schönberg)
SCHÖNBERG FLÜCHTET SICH IN ERZWUNGENE FRÖHLICHKEIT
Karriere beim Militär macht dafür Lehárs Bruder Anton, der es bis zum Generalmajor bringt. Schönberg wird kein General - herrschen kann er allein im Reich seiner Phantasie. In seinem Oratorium "Die Jakobsleiter" flieht er während der Kriegsjahre in mystische Traumwelten. Hier finden sich die ersten Vorboten der 12-Tontechnik.
"Beim Militär wurde ich oft gefragt, ob ich dieser umstrittene Komponist Arnold Schönberg sei. Meine Antwort war: Keiner hats sein wollen, einer hats sein müssen, da hab ich mich halt dazu hergegeben." (Arnold Schönberg)
SKURRILE MARSCHPARODIE
Doch dieser umstrittene Komponist kann auch anders. 1916 komponiert er für einen Kameradschaftsabend seines Regiments eines seiner skurrilsten Werke, eine Marsch-Parodie namens "Die eiserne Brigade". Wer diese Musik hört, ohne zu wissen, wer sie geschrieben hat, käme niemals auf die Idee, dass sie vom Erfinder der 12-Ton-Technik stammt. Die Partitur schenkt der Gefreite Schönberg seinem Oberleutnant.
LEHAR SCHREIBT LIEDER ÜBER DIE TODESANGST
Auch Franz Lehár wird durch den Krieg zu einem Werk angeregt, bei dem man kaum auf seinen Namen tippen würde. Er komponiert einen Liederzyklus mit dem nibelungentreuen Titel: "Aus eiserner Zeit. Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. gewidmet." Lehár hat dieses Lied sicher nicht in pazifistischer Absicht geschrieben. Und doch ist es erstaunlich: Der Avantgardist Schönberg flüchtet vor den Schrecken des Krieges in gezwungene Fröhlichkeit. Der Operettenkomponist Lehár dagegen schreibt Lieder über die Todesangst. Lehars Bruder, der spätere Generalmajor, wird schon 1914 schwer verletzt.
"Meine Besuche bei ihm gehören zu den traurigsten Erinnerungen.Er litt damals so unerträgliche Schmerzen, dass man ihn ins Wasserbett bringen musste." (Franz Lehar)
Unter dem Eindruck dieser Erlebnisse komponiert Lehár eine Tondichtung. Ihr Titel: "Fieber". Geschildert werden die letzten Minuten eines sterbenden Soldaten. Auch das eine erstaunlich offene Darstellung der traurigen Wahrheit über den Krieg. Schönberg hat eines seiner besten Stücke zum Thema schon 1907 geschrieben, ein Werk für achtstimmigen Chor. Es heißt: "Friede auf Erden". Leider ist es anders gekommen.
Fonte:
http://www.br.de/radio/br-klassik/komponisten-erster-weltkrieg-lehar-schoenberg-100.html
Mais:
http://docs.google.com/file/d/0BxwrrqPyqsnIUHRWREg0Zm1RNjA
Arnold Schoenberg
http://www.youtube.com/watch?v=tDiyVJVeNXg